Wie wird man besser aus 100 Meter…
Warum Amateure sich auf das Spiel unter 100 Metern konzentrieren sollten
Viele Amateurgolfer investieren den Großteil ihrer Trainingszeit in lange Schläge – Drives, Hölzer oder lange Eisen. Diese Schläge sind spektakulär, keine Frage, doch die Daten zeigen: Für die Scoreverbesserung liegt der größte Hebel im Spiel unter 100 Metern.
Wenig physikalische Voraussetzungen
Einen Drive von 240 Metern zu schlagen oder ein Eisen 5 sauber zu treffen, erfordert Kraft, Geschwindigkeit und Technik. Ein Pitch aus 60 Metern oder ein Wedge aus 90 Metern dagegen verlangt vor allem Kontrolle und Gefühl. Genau hier haben Amateure die Möglichkeit, ohne großen athletischen Vorteil sofort Schläge auf der Scorekarte zu sparen.
Das Problem: „Drei Schläge unter 100 Metern“
Jeder Amateur kennt es: Man liegt in Reichweite zur Fahne, doch der Pitch wird zu lang, zu kurz oder verfehlt links oder rechts. Am Ende braucht man für eine Aufgabe, die eigentlich in einem Schlag + zwei Putts erledigt sein sollte, drei oder mehr Schläge. Das ist ärgerlich, unnötig - ein mental Killer – und vor allem vermeidbar.
Was sagen die Zahlen?
Tracking-Systeme wie Arccos haben Millionen von Schlägen analysiert und zeigen, welche die Unterschiede zwischen Handicaps sind, wenn es um Annäherungen aus 100 Metern geht.
Da man die Zahlen nun kennt, kann man sein Training gezielt ausrichten. Die Statistik liefert einen klaren Richtwert, auf den man sich konzentrieren kann. Eine grundlegende Voraussetzung ist selbstverständlich, technisch in der Lage zu sein, die verschiedenen Wedges – Pitching Wedge, Sand Wedge, Lob Wedge – so zu beherrschen, dass man das Grün auch tatsächlich regelmäßig trifft.
Technisches Know -How:
Kontrolle über Ansprechposition, was passiert wenn? Z.B. Ball weiter hinten oder vorne
Kontrolle über den Low - Point & AoA ( Attack )
Wenn diese Basis vorhanden ist, geht es im nächsten Schritt darum, die eigenen Wedges der Distanz nach zu ordnen.
Angenommen man hat Gap - Sand - Lob Wedge zur Verfügung:
Ich empfehle meinen Schülern immer, mit einem Uhrensystem zu arbeiten. Stellen Sie sich vor, Sie stehen in einem Ziffernblatt und Ihre Arme mit dem Schläger bilden den Zeiger. In meinem eigenen Spiel nutze ich die Positionen 9 Uhr, 10 Uhr, 11 Uhr sowie den vollen Schlag.
Dabei ist wichtig: Man sollte das System nicht zu wörtlich nehmen, sondern individuell anpassen. Was für Sie „9 Uhr“ ist, muss für mich nicht identisch aussehen. Wenn Sie bei „9 Uhr“ ausholen und der Schläger aus meiner Sicht eher bei „10 Uhr“ steht, ist das vollkommen in Ordnung – solange Sie für sich selbst eine Bewegung finden, die sich wiederholen lässt. Genau diese persönliche Wiederholbarkeit ist das Ziel.
Worauf Sie achten sollten: Zwischen den verschiedenen Uhrzeiten müssen klare Unterschiede bestehen, sonst verliert das System seine Wirkung.
Wenn Sie nicht ins Detail gehen möchten, können Sie das Ganze auch vereinfachen und lediglich mit drei Schwunglängen arbeiten: Viertel, Halb und Voll. Selbst mit dieser reduzierten Variante fahren Sie deutlich besser als ganz ohne System.
Heutzutage hat praktisch jeder Zugang zu einem Launch-Monitor wie Trackman oder Foresight und kann damit seine Distanzen ermitteln. Die Messung ist im Prinzip einfach: Man schlägt mit jedem Wedge mehrere – am besten viele – Bälle. Das muss nicht an einem Tag geschehen, sondern kann über einen längeren Zeitraum verteilt werden. Stichproben vorwärts wie rückwärts sind dabei sinnvoll.
Um verlässliche Werte zu bekommen, sortiere ich Ausreißer aus – also sowohl sehr schlechte als auch außergewöhnlich gute Schläge – und bilde aus den restlichen Schlägen einen Mittelwert. Dieser muss nicht auf das Komma genau sein; eine realistische Durchschnittsdistanz reicht vollkommen. Natürlich kann man sein Wedge-Setup jederzeit anpassen, indem man Schläger ergänzt oder weglässt – das versteht sich von selbst.
Steht kein Launch-Monitor zur Verfügung, lassen sich die Distanzen auch einfach im Feld bestimmen: Bälle schlagen, zur Gruppe laufen, den Mittelwert schätzen und anschließend mit dem Laser messen.
Daraus ergibt sich bei mir:
Aus meiner Sicht – das ist sicherlich auch individuell zu betrachten – liegt der Vorteil hier darin, dass man ein gut abgestimmtes Wedge-System erkennt. Wenn die Zahlen in sich stimmig sind, zum Beispiel der Sand Wedge bei gleicher Schwunglänge stets etwa 10 Meter länger fliegt als der Lob Wedge, zeigt das, dass die Loft-Abstufungen schlüssig gewählt sind. Wie man bei mir sieht ist das nicht gegeben, was mich immer dazu animieren würde meine Distanzen zu kontrollieren bzw auch mehr zu trainieren. Es müssen nicht genau XY Meter Differenz sein aber wenn man angenommen 50/55/60 als Loftzahlen hat dann sollte das System mathematisch einen groben Sinn ergeben. Wie man bei mir im Moment sieht ist das nicht der Fall.
Ein weiterer Vorteil ist, dass sich viele Distanzen überschneiden. Das bedeutet, man hat für dieselbe Distanz mehrere Optionen mit unterschiedlichen Ballflügen, ohne dafür die Balllage oder den dynamischen Loft im Treffmoment verändern zu müssen.
Ein kleines Beispiel: Auf 70 Metern kann ich entweder meinen Gap Wedge mit 9-Uhr-Schwung oder meinen Lob Wedge mit 11-Uhr-Schwung spielen – beide Varianten ergeben im Grunde die gleiche Distanz, aber mit völlig unterschiedlichem Ballflug. Ist es windig, würde ich eher den flacheren Gap Wedge wählen; steckt die Fahne kurz hinter einem Bunker, tendiere ich zum Lob Wedge.
Ebenso habe ich bei 90 Metern die Wahl zwischen einem Gap Wedge auf 10 Uhr oder einem Sand Wedge auf 11 Uhr. Hier würde ich je nach Situation entscheiden: Mit dem Sand Wedge kann ich dank höherer Schlägerkopfgeschwindigkeit mehr Spin erzeugen, während der Gap Wedge bei 70 oder 90 Metern sehr flach fliegt und der Ball nach der Landung ordentlich nach vorne springt. Das nutze ich gerne, wenn die Fahne weit hinten im Grün oder auf einer Welle platziert ist – Situationen, in denen es schwierig wäre, den Lob Wedge hoch genug zu spielen und präzise zu platzieren. Auch wenn die Distanz mehr als 90 also z.B. 94 Meter beträgt tendiere ich immer zu dem „längeren“ Schläger also in diesem Fall Gap Wedge weil ich die Tendenz beobachte, dass ich diesen im „schlechten“ auch länger schlage.
Alle Distanzen beziehen sich selbstverständlich auf Carry-Längen. Wenn man allerdings wenig Spin erzeugt oder häufiger Fehlschläge hat, kann es sinnvoll sein, den Wedge nicht nur im Flug, sondern auch im Gesamtergebnis inklusive Roll zu betrachten.
Jetzt hat man ein ausgeklügeltes System, mit dem man sich im Training sehr gut beschäftigen kann. Mein Tipp an jeden Amateur – und an Profis noch mehr – ist, viel Zeit in dieses Training zu investieren.
Denn: Wenn man zum Beispiel volle oder 11-Uhr-Sand Wedges schlägt, trainiert man nicht nur die Distanzkontrolle, sondern gleichzeitig auch den vollen Schwung. Man schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Distanz-Wedges werden konstanter, und der Schwung verbessert sich – das lässt sich auch mit Techniktraining verbinden.
Ein weiterer Tipp: Nutzen Sie diese Schläge auch als Warm-up. Ganz gleich, ob 9-, 10-, 11- oder 12-Uhr-Schwung – es macht absolut Sinn, das Training mit einem dieser Wedge-Schläge zu beginnen. Ebenso empfehle ich, die eigenen Wedge-Distanzen regelmäßig in bestimmten Abständen zu überprüfen und zu kontrollieren.
Ein großer Vorteil dieses Systems ist zudem: Wenn ich einen Wedge auf 10 Uhr trainiere, übe ich gleichzeitig mehrere Distanzen mit. Ob ich dafür den Gap Wedge, Sand Wedge oder Lob Wedge verwende, ist vom Bewegungsablauf her gleich – nur das Ergebnis in der Länge verändert sich.
Falls im Training kein Launch Monitor zur Verfügung steht, kann man sich einfach ein Schild oder eine Fahne auf der Driving Range mit dem Laser messen und sich dann für eine Uhrzeit und einen Wedge entscheiden. Bei überlappenden Distanzen empfiehlt es sich, zwei bis drei verschiedene Wedges auf dieselbe Distanz zu schlagen – am besten im Rahmen einer Trainingseinheit.
Falls Sie dabei Unterstützung wünschen, stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Ihr Jonas